Tag 23

Datum: Mittwoch, 13. Mai 2015
Strecke:  von Ponferrada nach Villafranca del Bierzo
Distanz: 26 km
Gehzeit: 07:00 bis 13:15 Uhr
Wetter: bewölkt, dann heiß, dämpfig, ca. 30 Grad
Allgemein: gemütliche Strecke, nicht sehr anstrengend


Gegen 6:30 Uhr standen Micha und ich auf. Jacinta war schon eher auf gestanden und hatte sich auf den Weg gemacht. Ca. um 7:00 Uhr machten auch wir uns auch an unser Tageswerk. Ein paar wenige Kilometer durch  Strassen, ein letzer Blick zurück auf die wirklich schöne Stadt Ponferrada, und dann machten wir nach 1 Stunde zum ersten Mal Halt. Eigentlich wollten wir frühstücken, aber wir fanden nur eine Bar in der es nichts zu Essen gab. So gönnten wir uns einen frisch gepressten Orangensaft, füllten unsere Wasserflaschen auf und machten uns wieder auf den Weg. Dann kurz vor Camponaraya konnten wir endlich unseren Hunger stillen und nahmen ein leckeres Frühstück ein. So gestärkt machten wir uns immer noch bei bewölktem Himmel wieder auf den Weg. Wir trafen Peter und Andrea und mit Ihnen liefen wir nun ein Stück zusammen auf diesem nicht gerade schönen Teilabschnitt. Immer auf der Strasse, viel Verkehr und heute waren auch extrem viele Pilger unterwegs. In Camponaraya hatten wir wieder Durst und wollten in einem kleinen Laden eine Cola kaufen. Jedoch war der Besitzer so unfreundlich, dass wir nichts kauften. Dies war das erste Mal, dass man sich nicht willkommen fühlte. Hoffentlich nimmt das jetzt nicht zu, je näher man Santiago kommt, waren unsere Gedanken. Auch wenn sich das zum Glück nicht bewahrheitete, aber ab und zu merkte man ab hier doch, dass wir nur " Touristen" waren, die Geld bringen und lästig waren. Nicht oft, aber doch hin und wieder. 
Wir zogen weiter und erreichten am Ortsausgang eine Bodega, in der man eine Weinprobe machen konnte. So zumindest laut Outdoor Reiseführer. Also nichts wie rein. Ok, es gab zwar ein kleines Schlückchen Wein, aber auch hier nichts freundliches. So zogen wir weiter und so sollte mir dieser Ort in nicht so guter Erinnerung bleiben.
In Cacabelos, ca. 1,5 km weiter, haben wir dann doch noch etwas zu trinken und essen bekommen. Wir setzten uns neben eine kleine unscheinbare Kirche. Nach einer kurzen Pause schauten wir uns die Kirche an und waren wieder einmal erstaunt, welch Prunk selbst in dieser kleinen Kirche zu  sehen war. Wirklich sehr schön. 
In der Zwischenzeit schien auch die Sonne und es wurde sehr heiß. Wir verliesen Cacabelos, mußten aber leider wieder an der Strasse laufen. Nach wieder um ca. 1,5 km erreichten wir den Weiler Pieros. Auch von hier aus ging es auf der Strasse weiter. Und
plotzlich waren da Massen von PIlgern. Der ganze Strassenrand war voll mit Pilgern. Aber komischer Weise keine bekannten Gesichter. Und auch die Kleidung sah bei den Meisten ziemlich neu und sauber aus. Wir waren auf den letzzen 200 km des Jakobweges. Und das merkte man auch! Anmerkung: Jeder soll den Camino so machen wie er will, wie er kann. Abhängig von Zeit, Alter, Gesundheit. Aber irgend wie waren Die anders, als die Pilger die in SJPDP, Pamplona oder Burgos gestartet waren. Wir "Alt Pilger" mußten doch schmunzeln, wenn man da solche Sprüche wie: Paß auf, mach deine Schuhe nicht dreckig! Ach, ist das anstrengend! Ach so, ihr seid schon länger unterwegs! zu hören bekam. 
In einer Bar direkt an der Hauptstrasse gönnten wir uns wieder mal etwas zu trinken und waren dann froh, als wir auf den Alternativweg so ca. 700m nach Pieros abbogen, denn die " Frischlinge" liefen alle an der Strasse weiter. Klar, war ja auch ca. 800m kürzer und auf der Strasse werden die Hose und die Schuhe nicht so schmutzig!!!
So waren Micha und ich plötzlich wieder ganz allein auf dem Weg nach Valtuille de Arriba. Dieser Weg war wieder richtig schön und nach ca 1,5 km kamen wir im Dorf an. Eine Alternative Bar zog
mich magisch an. Micha wartete lieber auf einer Bank. Ok, es war jetzt wirklich heiß und dämpfig und Durst habe ich ja immer und so ging ich in die Bar. Es war eigentlich eher eine Laube. Zwei Männer verabschiedeten sich gerade. So war ich alleine mit der Dame des Hauses. Ich bestellte meine Cola. Und dann fing sie zu reden an. Alles auf Spanisch! All zu viel hab ich nicht verstanden, aber irgend wie zog sie mich in ihren Bann. Sie zeigte mir verschiedene Steine, sah mich an und dann schenkte sie mir 3 von ihren roten Steinen. Sie murmelte noch etwas, schlug auf meiner Stirn ein Kreuz und drückte mich. Ich bedankte mich und glücklich verlies ich die kleine Bar. Wieder so ein Erlebnis auf dem Jakobsweg, dass ich nie vergessen werde. Die Steine begleiteten mich bis nach Santiago und auch heute schau ich sie noch gerne an und denke an diese nette Begegnung zurück. 
Draußen wartete Micha und zusammen machten wir uns wieder auf den Weg. Kurz nach dem Ort kamen wir durch ein Wäldchen. Es flogen und lagen so fielen Pollen herum, es so aus, als hätte es geschneit. Einfach herrlich! Dann ein Stück weiter, sah man vom Weg aus, ein weißes Haus unter zwei großen Bäumen. Auch dieser Anblick war einfach toll. 
 Und so
Ablasspforte
kamen wir bald nach Villafranca del Bierzo. Villafranca wird auch " das kleine Compostela" genannt. Hier wurde früher kranken Pilgern, die ihre Reise nicht mehr fortsetzen konnten, Ablass ihrer Sünden gewährt.
Wir schritten aber an der Ablasspforte vorbei, hinein in den Ort und suchten die Herberge "Leo", die wir uns als Etappenziel aus gesucht hatten. Kurz darauf wurden wir fündig und hatten das Glück 2 Betten in einem Fünferzimmer zu bekommen. Da wir die ersten im Zimmer waren, war klar, dass wir zwei Betten unten nahmen. Ich nahm das einzeln stehende Bett. Endlich mal keiner der über einem schläft. 
Wir duschten, machten die Wäsche, schreiben Tagebuch und suchten uns eine Bar und aßen zu Mittag. Danach schauten wir nach einer Bar mit Fernseher, da heut Abend Real gegen Juve in der Champion League spielte. Anschließend gingen wir zurück zu unserer Herberge und lagen ein bisschen ab und erholten uns. Unser Fenster ging in den Innenhof. Und von dort hörte ich plötzlich "schwäbische" Laute. Ein junges, hübsches Mädchen unterhielt sich mit einen etwas ältern Herrn. Ich ging nach unten, holte mir an der Theke ein Bier und gesellte mich zu den Zweien mit dem Spruch: Wer schwätzt den da schwäbisch? Das Mädchen blickte auf, lachte und meinte das wäre sie. Sie wäre Babs und sie fragte mich, wo ich denn herkomme und ich sagte ihr, aus der Nähe von Stuttgart, Da meinte sie, sie auch, aus Esslingen! Ich lachte und sagte ihr, dass ich da auch wohnen würde. Und es stellte sich dann heraus, dass wir in angrenzenden Stadtteilen wohnten, keine 500m aus einander! So ein Zufall! In Esslingen hatten wir uns nie getroffen, aber hier auf dem Jakobsweg. Auch der ältere Herr mischte sich ein und bei seinen Erzählungen wurde ich plötzlich stutzig. Als er noch erzählte dass er sonst immer seine Gitarre dabei hätte, sie eigentlich mitnehmen wollte, aber sich dann doch anders entschieden hatte, sagte ich: Aber du bist nicht der "Schorsch"? Da schaute er komisch und sagte: Doch! Ich sagte ihm, dass ich der " Pilger Wolle" wäre und da konnte er nicht mehr. Wir hatten uns im Pilgerforum kennen gelernt und immer mal wieder mit einander gechattet. Damals sagte er noch, dass er mit Gitarre den Jakobsweg machen wolle und Abends gern musiziert und ich sagte ihm, dass wenn wir uns treffen würden, würde ich mit ihm singen! Also, Dinge passieren hier! So wurde es ein sehr netter Nachmittag. Micha kam irgend wann auch dazu, wir gingen in den Supermarkt, kauften uns ein Vesper, dass wir dann in der Herberge im Aufenthaltsraum zu uns nahmen. Anschließend machten wir uns wieder auf den Weg zu der Bar mit dem Fernseher. Nur ca. 200m von unserer Herberge sah ich jetzt auch eine Bar und fragte, ob sie später auch das Fußballspiel übertragen würden. Dies wurde aber leider verneint. Als wir die Bar verliesen kam da doch die junge Schwedin mit einem Typ knutschend aus der Toilette heraus. Sie grinste uns frech an, und den eindeutigen Gesten der Spanier, die unter dem Toilettenfenster standen, und jetzt auch grinsten. war jedem klar was da gerade passiert war. Naja, süß hat sie ja aus gesehen. Und vielleicht ging sie ja jetzt zur Ablasspforte und lies sich ihre Sünden vergeben!
Wir gingen weiter und schauten uns dann gemütlich das Fussballspiel an, das übrigens 1:1 endete. Hier bei ist noch zu erwähnen, dass Real hier nicht sehr beliebt war. Ich erfuhr dann, dass Real in Spanien ungefähr so ist, wie Bayern München in Deutschland. Diese Vereine sind eben wegen ihrem vielen Geld bein "normalen" Volk nicht sehr beliebt.
Gegen 23:00 Uhr waren wir dann wieder in unserer Herberge. Micha hatte zwar etwas bedenken, ob wir noch engelassen werden, da ja normaler weiße in den Herbergen um 22:00 Uhr  Einschluss ist, aber ich hatte mich im Vorfeld erkundigt, und es hies das sei kein Problem, wenn wir erst nach dem Fußballspiel kommen würden.
Da Micha am Nachmittag es nicht erlaubt hatte, dass Ricardo zu uns aufs Zimmer kam ( weil der doch so schnarcht) konnten wir eine ruhige Nacht verbringen. Obwohl mich das immer wieder beschäftigte und ich mich auch schlecht fühlte, dass Micha Ricardo so hinaus warf. Es war ein Fehler, und ich würde das heute nicht mehr zulassen. Ricardo war nämlich ein netter Pilgerkamerad. Und schnarchen tu ich ja auch!

Fazit: dieser Wegabschnitt war nicht so besonders schön, dafür war der Tag insgesamt ganz toll. Und ab Ponferrada steigt die Zahl der Pilger merklich an.

Tipp: unbedingt den Alternativweg über Valtuille de Arriba nehmen, schönster Abschnitt dieser Tagesetappe, die Bar dort unbedingt besuchen. In Villafranco natürlich die Gnadenpforte anschauen. Herberge "Leo" absolut zu empfehlen, sehr nette Gastgeber, sauber. Für 10€ TOP!!

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