Tag 27

Datum: Sonntag, 17. Mai 2015
Strecke:  von Barbadelo nach Gonzar
Distanz: 28 km
Gehzeit: 06:45 bis 13:30 Uhr
Wetter: sonnig, sehr warm, schön
Allgemein: sehr schöner Wegabschnitt, gut zu gehen


Gegen 6:15 Uhr sind Micha und ich auf gestanden, nachdem wir nicht mehr schlafen konnten, da unsere französischen Zimmergenossen schon recht bald wach waren und wenig Rücksicht nahmen. Sie redeten, raschelten mit Tüten, packten laut ihre Rucksäcke und so war an Schlaf nicht mehr zu denken. So machten wir uns schon gegen 6:50 Uhr auf den Weg.
Wir verliesen Barbadelo und liefen durch Nebel geschwängerte Landschaften. Herrlich als die Sonne aufging und der Morgentau im Sonnenlicht glänzte. So liesen wir bald Rente, dann Mercado, Peruscallo und Lavandeira hinter uns und kamen dann nach ca. 7km nach Brea. Ein kleines, eigentlich nicht erwähnenswürdiges  Dörfchen. Wäre dort nicht der 100km Stein. 100km noch bis Santiago, 100km bis zum Ziel. Der Wahnsinn! Über 700km war ich laut meinem GPS Gerät schon gepilgert. Und jetzt nur noch 100km!
Am "falschen" 100km Stein
Wir folgten einer Kurve und wer stand da und öffnete gerade am 100km Stein  eine Weinflasche? Wolfgang 2, Victor und Philipp! Ein fröhliches Hallo und so konnten wir gemeinsam diesen besonderen Augenblick zusammen genießen. Ich spendierte noch einen Schnaps aus meinem Flachmann und wir machten viele Bilder, um diesen Augenblick fest zu halten. Mich wunderte nur, dass ich auf den Bildern vom Internet diesen Stein anders in Erinnerung hatte. Hier stand er frei an einer Weggabelung, im Internet am Wegesrand in einem Wäldchen. Dieser Stein war sehr sauber, und der im Internet voll gekritzelt mit Namen usw. Aber was soll´s.
Der "richtige" 100km Stein
Micha und ich gingen weiter. Ca. 100m weiter die Stasse entlang, dann links weg und dann kam ein Wäldchen---- und dann: der 100km Stein aus dem Internet! Er sah genau so aus, voll gekritzelt wie auf dem Bild.
Schon seltsam, aber was will man machen. Auf alle Fälle waren es jetzt wirklich nur noch 100km! Kurz danach frühstückten wir in Morgade. Weiter ging es bei super schönem Wetter über Ferreiros und Mercadoiro bis nach Portomarin. Hier geht man über die Brücke, die den aufgestauten Fluß Mino überspannt. Hier im Stausee sind die Überreste des "alten" Dorfes Portomarin. Nur die Kirche wurde abgetragen. Stein für Stein nummeriert und im neu entstandenen Portomarin rechts oberhalb des Stausees wieder aufgebaut.
Nach der Brücke zweigt der Jakobsweg nach links ab, aber wenn man schon Mal da ist, sollte man sich die wieder auf gebaute Kirche anschauen. Dazu muß man aber ca. 50 Stufen erklimmen, um
Stausee in Portomarin
Kirche Portomarin
dann durch ein Stadttor in den Stadtkern zu gelangen. Wir liefen dann nach rechts, kauften uns bei einem Supermarkt etwas zu trinken und zu vespern und machten mit einem tollen Ausblick auf den Stausee erst einmal Rast. Anschließend liefen wir zur Kirche. Anscheinend kann man heute noch die Nummerierung auf den Steinen sehen, aber mir ist das entgangen. Also ich sah nichts! Wir besichtigten die Kirche, holten uns einen Stempel und machten uns wieder auf den Weg. Nach Portomarin
geht es ca. 1,5km steil bergauf durch einen Wald, dann weiter auf der Landstrasse, vorbei an einer alten Fabrikanlage, und dann kommt man nach weiteren ca. 5km nach Gonzar.
Dort bekamen wir ein Bett in der tollen Albergue Casa Garcia. Wir duschten uns und schauten uns anschließend in Gonzar um. Das fiel nicht schwer, denn so groß ist der Ort nicht. Wir aßen in einer Bar dirket an der Strasse einen Hamburger, und plötzlich stand Wolfgang 2 vor uns. Er wollte aber noch weiter und so gingen wir wieder alleine zur Herberge zurück. Dort angekommen war in der Zwischenzeit auch Theresia. Schön, dass ich sie endlich wieder traf. Mit ihr hab ich mich auch immer gut verstanden. Dann rief auch noch Frank an und fragte, ob ich für ihn und Romy 2 Betten resevieren könnte, sie würden auch bald kommen. So saßen wir später zu fünf im Innenhof der Herberge gemütlich zusammen. Frank und ich gönnten uns ein rießiges Steak. Mal etwas anderes, als immer das Pilögermenue. Ok, das Steak kostete zwar 20 €, aber das war es
uns wert. 
Am Nebentisch saß ein junger Pilger, Andrew aus Amerika, ganz alleine. Wir baten ihn zu uns an den Tisch, wie man das so unter Pilgern macht. Ehrlich gesagt hatten wir es auf seine Flasche Wein abgesehen, da wir merkten, dass er fast nichts trank. Er setzte sich zu uns, erzählte dass er erst gestern gestartet war und das alles so toll wäre. Ich erinnerte ihn daran, dass er noch eine fast volle Flasche Wein auf seinem Tisch hatte, die er jetzt endlich auch holte und bereit willig mit uns teilte. Aber bald war auch diese Flasche leer und wir hatten immer noch Durst. Ich bestellte noch ein Flasche und wollte zahlen. Aber die Bedienung, ein junges Mädchen, schüttelte den Kopf. Ok, wahrscheinlich später dann. Frank und ich hatten vorhin schon einen Spanier beobachtet, der so ein gelbes Gesöff in einem
Orujo
Schnapsglas zu sich genommen hatte. Wir fragten die Bedienung und sie brachte uns zwei Gläser. Jedoch nicht Schnapsgläser, sondern Whiskygläser! Und die gut voll! Später hab ich erfahren, dass es sich um Orujo, einen Tresterbrand, gehandelt hat. Ja, der hatte es auch in sich. 
Aber da der Abend so schön war, bestellte ich beim Chef nochmal ne Flasche Wein. Eine ältere Pilgerin am Nebentisch ermahnte uns, dass wir ja nicht schnarchen sollten. Hatte die schon Vorahnungen? Es war wirklich ein toller Abend mit vielen tollen Gesprächen. Für mich einer der schönsten Abende auf dem ganzen Camino. Irgendwann einmal geht auch der schönste Abend zu Ende und wir machten uns ans bezahlen. Jeder mußte nur sein Essen zahlen. Die ganzen Getränke, auch die nach bestellten Weinflaschen und der Orujo, waren umsonst! Wow, da waren wir platt. 
So bekam der Hausherr von uns
Pilger Stilleben
ein ordentliches Trinkgeld. Also, ich hab sehr gut geschlafen. Aber ich war glaub einer der Wenigen, der eine angenehme Nachtruhe hatte. Frank, Romy und Theresia machten sich morgens noch im Dunkeln auf den Weg, da sie schlecht schlafen konnten. Und die ältere Pilgerin war morgens auch nicht sehr gut auf uns (mich) zu sprechen. Irgend wie muß doch jemand geschnarcht haben. Ob das etwa ich war?

Fazit: schöner Wegabschnitt, schon ein leichtes oder auch stärkeres Kribbeln am 100km Stein. Und nach einem Tag mit 28km Gehstrecke darf man sich am Abend mit Freunden auch Mal etwas mehr zu essen und zu trinken gönnen.

Tipp: aufpassen, dass man am richtigen 100km Stein feiert! Sich unterwegs Pausen gönnen, z.B. in Portomarin oberhalb des Stausees. In Gonzar die Herberge Casa Garcia (10€), echt gemütlich, sauber, sehr freundlich. Nur, wenn möglich bei der Bettenauswahl aufpassen. Nicht zu nahe am Bad. Das war der Grund warum meine 3 Freunde so bald losliefen. Die ganze Nacht ging jemand zum WC, das war wohl sehr störend. Oder halt mehr trinken, dass man nichts mit bekommt!

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