Tag 30

Datum: Mittwoch, 20. Mai 2015
Strecke:  von Salceda nach Monte de Gozo
Distanz: 23 km
Gehzeit: 07:00 bis 14:00 Uhr
Wetter: durchwachsen, mal bewölkt, mal leicht sonnig
Allgemein: Weg wieder unspektakulär.

Nur noch 25 km
6:30 Uhr war aufstehen an gesagt und gegen 7:00 Uhr starteten Theresia und ich auf diese Tour.  Bald erreichten wir den Kilometerstein 25! Mann! Theoretisch könnten wir heute schon in Santiago sein. Aber ich wollte schon von Beginn des Jakobsweges an, in Monte de Gozo übernachten, um dann am nächsten Morgen in Santiago de Compostela an zu kommen. Ich stellte mir das schöner vor, als abends, ziemlich fertig, ohne Unterkunft in Santiago an zukommen. Da hat man dann ja vielleicht doch gleich wieder Stress. Und das wollte ich nicht. Theresia sah das genau so und wolte auch in Monte de Gozo übernachten.
Jetzt wollte sie aber alleine pilgern. So liefen wir in gewissem Abstand zu einander. Trotz meiner Kniebeschwerden, die mir auch heute wieder zu schaffen machten, lief ich vorne weg. So in Gedanken vertieft, verlief ich mich doch tatsächlich. Ein Rufen von Theresia machte mich darauf aufmerksam. Irgendwie hatte ich den gelben Pfeil übersehen. Na ja, da sieht man, wie man manchmal mit den Gedanken abtrifftet. Nach 1 1/2 Std. gab es endlich einen Cafe con Leche. 
Meistens an der Landstrasse entlang erreichten wir nach einer Unterführung Santa Irene. Bis hier waren also gestern meine Kameraden gelaufen. Der Ort war auch nicht größer als Salceda. So verliesen wir in bald wieder. Um nach weiteren 1 1/2 Std. endlich zu frühstücken. Diese Teilstücke der Strecke konnte ich mit meinen Schmerzen gerade noch bewältigen. Dann etwas Pause und es ging wieder für eine Weile. Wieder liefen wir weiter, jetzt auch wieder durch größere Eukalyptuswälder.
Plötzlich in einem Waldstück sah ich eine Gedenkstätte für zwei verstorbene Pilger. Mir wurde ganz anders. Jetzt wurde auch mir wieder bewußt, was alles passieren hätte können und ich dankte in dem Moment Gott, dass er mich bis hier her beschützt hatte und  bat ihn um ein restliches Gelingen meines Vorhabens. 
Am Ortsrand von Santiago
Vorbei ging es an den Ortschaften Pedrouzo, San Anton und Amenal, bis man dann zum Flughafen von Santiago de Compostela kommt. Auch hier sind wieder zahllose Kreuze in den Flughafenzaun geflochten. Kurz danach, in San Palo, machten wir nochmals in einer Bar Rast, da wir von einem Regenschauer überrascht wurden. Entlang der Landstrasse und dann durch eine Unterführung durch erreichten wir nach ca. 2,5km den Ortsausgang von Labacolla. Hier sollen sich die mittelalterlichen Pilger nochmal gewaschen haben, um dann feierlich in Santiago ein zu ziehen. Mann findet die Stelle dort, wo am Ortsausgang zwei Bäche ineinander fließen.  Ehrlich gesagt, ich hab sie nicht gesehen. Aber ich mußte mich ja auch nicht waschen, ich kam ja erst Morgen nach Santiago und hatte vor heute Abend zu duschen.
Erster Bick zum Papstdenkmal
Auf einer kleineren Strasse pilgert man dann wieder durch Eukalyptushaine hindurch, um dann plötzlich das Papstdenkmal auf dem Monte de Gozo in der Ferne zu sehen. Monte de Gozo heißt " Berg der Freude", weil man von hier aus zum ersten Mal auf Santiago blicken kann und den Pilger ein großes Glücksgefühl überkommt. Euphorisch liefen wir das restliche Stück, um bald dort an zukommen. Hier gibt es ja eine rießige Herberge, in der mindestens 400 von 3000 Betten für Pilger bereit gestellt werden. Und es gibt das kirchliche Pilgerzentrum. Dort wollten wir unser Glück versuchen, ein Bett zu bekommen. Jedoch wollte ich heute lieber ein Zimmer für mich, als nochmals mit anderen Pilgern mein Nachtlager zu teilen. Leider gab es keine Einzelzimmer. Da sagte ich dem Hospitalero, dass wir ein Doppelzimmer nehmen würden. Oooh, Theresia schaute erstaunt. Aber ich hab nichts Böses dabei gedacht, da wir ja schon mehrere Male zusammen in einem Zimmer übernachtet hatten. Dem Hospitalero mußte ich noch bestätigen, dass Theresia " my wife" war, und dann bekamen wir das Zimmer. Ich entschuldigte mich bei Theresia, und erklärte ihr, dass ich mir nichts dabei gedacht hatte. Sie meinte halt, nicht dass sie von den Anderen als "Pilger Schlampe" angeschaut würde. An so was hätte ich gar nicht gedacht. Wir waren doch Freunde, aber man kann ja nie in die Anderen hinein sehen. Aber dann war das Thema aber auch vom Tisch. Und--- es ist auch nichts unanständiges passiert!
Das erste Zimmer, das uns gezeigt wurde, war nicht sehr sauber, aber wir bekamen gleich ein anderes. Sauber,aber genau so klein wie das erste. Auch sehr spartanisch ein gerichtet. Aber ok, uns reichte es. Wir duschten und wuschen unsere Sachen. Dann machten wir uns auf die Suche nach den zwei Pilgerstatuen, von denen man den ersten Blick auf Santiago und die Kathedrale haben
Erster Blick auf die Kathedrale
soll. Kurz darauf erblickten wir sie. Schnell eilten wir zu ihnen. Und tatsächlich: Man sah in der Ferne die Kathetrale von Santiago de Compostela. Uns lief es eiskalt den Rücken runter, und selbst jetzt, beim Schreiben dieser Zeilen, nach 2 1/2 Jahren, kribbelt es wieder am ganzen Körper.  Was für ein Gefühl! Großartig! Wir würden es wirklich morgen schaffen! Wir fielen uns in die Arme! Wir drückten uns! Wir freuten uns wie kleine Kinder. Und für mich war es schön, diesen Moment mit einen so besonderen Menschen, wie Theresia es war, zu erleben. Glücklich gingen wir zurück. Jeder mit seinen eigenen Gedanken, wie es morgen wohl sein wird, wenn man ankommt.
Bald darauf standen wir vor dem rießigen Papstdenkmal. Papst Johannes Paul II hatte 1989 die Jugendlichen aller Welt zum Weltjugendtag nach Santiago eingeladen. An dieses Ereignis erinnert dieses Denkmal. Anschließend gingen wir in eine Bar, schrieben unsere Tagebücher und  aßen einen Hamburger. Plötzlich ging die Türe auf und mein Freund Sepp stand vor mir. Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen, um so schöner ihn kurz vor dem Ziel zu treffen. Er war in der großen öffentlichen Herberge unter gekommen. Ein kurzer Plausch und er ging wieder weiter, aber wir hofften, dass wir uns in Santiago wieder sehen würden. Anschließend gingen Theresia und ich noch mal zum Papstdenkmal und dann in
unsere Herberge, da wir dort ein Pilgermenue bestellt hatten. In der Herberge hängen viele schöne Bilder von Santiago an den Wänden, ebenso gibt es ein ca.1m großes Stand-Modell der Kathedrale von Santiago de Compostela. Nachdem wir alles begutachtet hatten gingen wir zum Abendessen. Es gab Fleischbällchen mit Reis und Salat und zum Nachtisch Joghurt. Und natürlich Wasser und Wein. Auch hier war die nachbestellte zweite Flasche Wein umsonst. Es wurde, wie schon gestern, ein ganz schöner Abend, mit vielen tollen Gesprächen und einem sehr persönlichem Gedankenaustausch.Mit einem mulmigen Gefühl, aber natürlich auch mit einem immensen Glücksgefühl, gingen wir anschließend zu Bett. Heute brauchte ich trotz Wein einige Zeit zum einschlafen. Viel zu viele Gedanken drehten sich um den Tag morgen!

Fazit: unspektakulärer Weg, aber trotzdem eine besondere Etappe. Ein irres Gefühl so kurz vor dem Ziel zu sein. Und natürlich die Gedanken, was wird Morgen sein?

Tipp: für mich ganz wichtig und auch richtig: Auf dem Monte de Gozo zu übernachten! Wenn man so gegen 14:00 Uhr hier ankommt, dürfte es keine Probleme machen eine Unterkunft zu bekommen. Und dann hat man genug Zeit, sich das Papstdenkmal und die Pilgerstatuen mit dem ersten Blick auf Santiago an zuschauen. Ich mußte in Santiago von anderen Pilgern mir anhören, dass man vom Monte de Gozo gar nicht nach Santiago schauen könne. Klar, die Statuen stehen nicht direkt am Weg, man muß schon etwas abseits gehen. Aber manche haben auch hier den Sinn noch nicht ganz verstanden und sind lieber schnell durch gelaufen, um dann in Santiago an zu kommen.  Und haben die ersten erhabenen Blicke auf die Kathetrale verpasst. Für mich war es auch sehr wichtig, mir hier am Tag vor der Ankunft in Santiago, nochmal einige Gedanken über meine Pilgerreise, mein bisheriges Leben und vor allem über mein zukünftiges Leben zu machen. Und das tat mir gut!

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