Tag 21

Datum: Montag, 11. Mai 2015
Strecke:  von Astorga nach Foncebadon
Distanz: 27 km
Gehzeit: 07:15 bis 13:30 Uhr
Wetter: sonnig, sehr heiß
Allgemein:sehr schöner Weg, zum Schluß sehr anstrengend hoch nach Foncebadon

Kurzes Vorwort: Vor 3 Wochen war ich in SJPDP angekommen, jetzt war ich schon ca. 550 km gepilgert! Der Wahnsinn! Jeden Tag zählt man die Kilometer, jeder Hunderter Kilometer Schritt wird vermerkt, immer will man weiter, immer will man endlich ankommen! Und jetzt? Nach 3 Wochen? Da denkt man doch darüber nach, dass auch der Camino endlich ist, dass auch diese tolle Zeit bald vorbei sein wird. Und plötzlich ist es gar nicht mehr so erstrebendswert in Santiago an zu kommen. Auch wenn jeder Tag mit Strapazen verbunden ist, so genießt man doch jeden Tag. Und dass soll bald vorbei sein? Will man denn zurück in sein "altes" Leben? Ja und nein! Ja, heim zur Familie, zu Freunden, zu seinen Gewohnheiten. Nein, hier ist alles so zwanglos, alles so " easy", so toll, so ungezwungen, so schön. Man hat keine Probleme ( außen mit den Blasen :-)  )! Man lebt in den Tag hinein. Und das ist das Schöne! Und dann die Frage: Wie wird es sein, sein nach dem Camino? Verändert sich etwas, verändert man sich? Kommt man zurück und ist wieder in seinem Hamsterrad? Fragen, die einen jetzt immer öfter beschäftigten. Antworten hat man noch keine, und es ergibt sich wieder eine Spannung, wie Tage vor dem Aufbruch. Und man denkt nach, man denkt viel nach. Ich glaube, zumindest für mich war es so, dies ist die intensivste Zeit auf dem Camino. Aber die Antworten gibt es erst viel später, wenn man wieder zu Hause ist. Und auch dort nicht sofort. Bei mir dauerte es lange, bis ich Antworten fand. Aber jetzt hatte ich ja noch ein Stück Camino vor mir. Und das wollte ich genießen!

Um 6:45 Uhr stand ich auf, packte meine sieben Sachen und gegen 7:15 Uhr machte ich mich auf den Weg. Noch einmal zog es mich zum Gaudi Palast und der Kathetrale, um bald darauf Astorga zu verlassen. Nach Astorga soll sich laut Reiseführer die Landschaft verändern, karg und unfruchtbar soll der Boden sein. Also, ich hab es anders empfunden. Ich schrieb in mein Tagebuch: Schöner Weg, tolle Flora. Na, so hat halt jeder seine Ansichten. In Murias de Rechivaldo, nach ca. 4,5 km, gab es
Western Bar in El Gonzo
  endlich eine Bar und es konnte gefrühstückt werden. Das Frühstück war lecker. Gebratene Eier und Speck auf einem Brötchen und der obligatorische Cafe con Leche. Aber es war das teuerste Frühstück auf dem ganzen Camino. 6,50 €! Schon heftig, aber gut war´s! Kurz nach dem Ort traf ich die " alten Deutschen" wieder. Mit ihnen lief ich jetzt ein Stück und wir unterhielten uns gut. Das Lustige an dieser Truppe war, dass sie eigentlich immer kleinere Meinungsverschiedenheiten hatten, aber trotzdem immer wieder vereint gingen. Im Laufe des Tages gab es dann wieder etwas, so dass sie sich trennten, aber Abends saßen sie meistens wieder zusammen. Heute waren alle vereint und so kamen wir nach weiteren ca. 5km nach Santa Catalina de Somoza. Dort saßen an der ersten Bar Peter und Andrea. Ich machte Pause, meine alten Deutschen gingen weiter. Ich trank etwas und warum ich dann alleine weiter ging und nicht mit Peter und Andrea, weiß ich heut auch nicht mehr so genau.  So hatte ich aber Zeit nach zu denken und nach weiteren 5km kam ich dann in El Ganso an. Natürlich machte ich in der Western Bar Pause. Der Besitzer muss wohl ein Faible für den Wilden Westen haben, denn die Bar ist mir vielen Cowboy und Indianer Sachen geschmückt. Nach 2 kalten Colas ging es weiter. Wieder war der Weg landschaftlich sehr schön. Auf einer Schotterpiste ging es etwas Berg auf und der Schweiß floß in Strömen. Heut war es sehr heiß! Strahlend blauer Himmel. Wunderbar.
Die vielen Holzkreuze
Auf diesem Abschnitt kommt man an einem Zaun vorbei, an dem die Pilger Holzkreuze in den Zaun hineinflechten. Dies geht so bestimmt 200-300m. Immer wieder Kreuze. Kleine, große, bunte, richtig schön. Und auch ich konnte nicht umhin, hier ein Kreuz zu hinterlassen. Keiner konnte mir erklären, was es damit eigentlich auf sich hat. Aber man braucht auch nicht für alles eine Erklärung!

Dann noch ca. 1,5 km auf einem Strässchen und dann hat man Rabanal del Camino erreicht. Dort kaufte ich mir im Dorfladen Obst und Getränke und lies mich im dazu gehörigen Garten nieder. Ich machte es mir in einer etwas umgebauten Badewanne gemütlich. Im Garten saß auch Micha aus Filderstadt und zwei Frauen. An der Sprache erkannte ich, dass die Zwei entweder aus Österreich oder Südtirol waren. Ich fragte sie und ich hatte recht. Sie waren aus Südtirol. Da ich seit 10 Jahren immer wieder in Südtirol wandern gehe, hatten wir gleich ein Gesprächsthema. Es stellte sich heraus, dass sie Mutter und Tochter waren und Irene und Nadia hießen. Zusammen verliesen wir nach einer Weile Rabanal und zu viert machten wir uns auf den Weg. Jedoch war Michas und mein Tempo den Frauen zu schnell und so trennten wir uns doch recht bald wieder. Aber ich sollte Irene und Nadia immer wieder treffen. Und das war immer sehr schön.
Mit Micha konnte ich mich gut unterhalten. Und er war VfB Stuttgart Fan! So wie ich. Da hatten wir ja Gesprächsstoff. Mit ihm sollte ich noch einge Tage zusammen laufen. Gleich nach Rabanal geht es steil Berg auf. Der Jakobsweg steigt von 1156m auf 1420 auf ca. 8km bis nach Foncebadon an. Und das bei brühtender Hitze! Landschaftlich wieder sehr schön. Flora so in etwa, wie in der Lüneburger Heide. Dann kreuzt man immer wieder die Fahrstrasse. Und hier sah ich eigentlich zum ersten Mal, dass mancher Pilger schlapp machte und sich ein Taxi rief. Auch ich kam an meine Grenzen und ich
war froh, als wir an einem Brunnen eine Pause machten. Die Sonne brannte gnadenlos und  ich dachte daran, wie es die Pilger hier im Hochsommer schaffen würden. Ich war jetzt im Mai schon fertig. Aber was soll´s? Nach einer erholsamen Pause, ging es weiter, immer Berg auf und nach ca. 3,5 km hatten wir endlich Foncebadon erreicht. Foncebadon ist ein seltsamer Ort. Die meisten Gebäude sind ein gestürzt. Überall Schutthaufen. 
Wir fragten in der  Herberge Monte Irago nach einem Bett. Und bekamen sogar ein Doppelzimmer. Klasse! Ok, als wir das Zimmer sahen, mußten wir Beide lachen. Eine französische Matratze in ca. 1,2m Höhe lag auf einem Holzgestell. Das war´s. Also, ich konnte Micha ja leiden, aber gleich mit im ins Bett gehen? Nach dem Duschen fragten wir nach und wir bekamen noch eine Matraze, die wir auf den Boden legten. Uns blieb also das gemeinsame Kuscheln erspart!
Wir machten uns auf den Weg zum Supermarkt. Dort tranken wir erst Mal ein Bierchen. Als wir so
da saßen kam doch tatsächlich ein Mann mit einem Esel und auf dem Esel ein Hund, daher. Er war natürlich die Attraktion. Wenn der von jedem der von ihm ein Bild gemacht hat, einen Euro bekommen hätte, wäre er ein reicher Mann geworden. 
Jesses Blasen!
Wir gingen zurück zu unserer Herberge und siehe da: Auch die "alten Deutschen" waren hier. Und Jesse auch. Ihn hab ich auch immer wieder getroffen. Natürlich wurde auch hier ein Bierchen verhaftet. Und dann sah ich Jesses Füße! Überall offene Blasen! Alle mit Jod getränkt! Ich erschrak, aber Jesse meinte: Alles ok! Der war hart im Nehmen!
Dann machten wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, da uns das Abendessen in unserer Herberge etwas zu "alternativ" war. Bald wurden wir fündig. Und wer saß da noch im Restaurant? Andrea und Peter! Man trifft sich immer wieder! So wurde es ein nettes Essen. Wir gingen wieder zurück zu unserer Herberge. Dort wurde von den "alten Deutschen" gerade wieder Bier bestellt und wir setzten uns gerne zu ihnen. Nach zwei, drei Bierchen gab es in unserer Herberge Abendessen. Und bald saßen wir alleine da. Peter und Andrea übernachteten in der kirchlichen Herberge in der Nähe des Supermarktes. Wir begleiteten die Beiden. Am Supermarkt kauften wir uns noch ein paar Bier, saßen dort vor dem Haus zusammen und unterhielten uns. Plötzlich hörte ich Gitarrenklänge. Vor der kirchlichen Herberge saß ein junger Mann und spielte ein paar Lieder. Ich winkte ihn zu uns herbei und bald saß er bei uns am
Der Tanzbär!
Tisch. Er war ein deutscher Pilger (auch Peter) und hatte seine Wandergitarre dabei. Er hatte einge Schlager im Repertoire und ich sang dazu. Eine Spanierin gesellte sich zu uns. Ich wollte unbedingt mit ihr einen Flamenco tanzen, aber sie wollte nicht! So tanzte ich eben alleine auf der Strasse. Na ja, was macht man nicht alles mit genügend Alkohol im Blut! Warum die anderen mich später als "Tanzbär" bezeichneten, ist mir bis heute noch nicht klar :-)
So wurde es ein sehr lustiger Abend. Und ich habe sehr gut geschlafen!





Fazit: landschaftlich sehr schöner Abschnitt, aber von Rabanal bis Foncebadon doch sehr anstrengend.

Tipp: viel zu trinken auf diese Etappe mit nehmen und unterwegs einkaufen. Zwischenstop im Supermarkt in Rabanal mit seinem gegen überliegenden Garten mit der Badewanne.

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