Tag 15

Datum: Dienstag, 05. Mai 2015
Strecke:  von Fromista nach Calzadilla
Distanz: 38 km
Gehzeit: 07:00 bis 16:00 Uhr  ca. 8 Std.
Wetter: bewölkt, sonnig, dann wieder bewölkt und windig
Allgemein: lange Etappe, Meseta pur,



So gegen 6:30 Uhr war die Nachtruhe vorbei. Allgemeiner Aufbruch. Also auch mitgemacht. Von draußen meine Schuhe rein geholt, zum Glück eingermaßen trocken. Dann der Schock: Mein Poncho ist weg. Na klasse! Hab ich zu Beginn des Jakobsweges diesen Poncho gehaßt, wußte ich doch jetzt die angenehmen Vorteile so eines Teiles, zu schätzen. So eine Sche..., dachte ich. Aber was solls? Da kann man nix machen. Etwas gefrustet ging ich zurück in die Herberge und siehe da: Auf dem alten Sofa am Eingang lagen mehree Ponchos! Und auch meiner war dabei. Am Abend war Wind auf gekommen und man hatte die Teile lieber in Sicherheit gebracht, bevor sie davon flogen.
Um 7:00Uhr brach ich ohne Frühstück auf, und traf am Ortsausgang von Fromista, Sepp und seine junge "Freundin". Nach 3,5 km, in Poblacion, frühstückten wir in einer Bar zusammen. Aber wieder
MESETA PUR
brauchten mir die Zwei zu lange und so machte ich mich alleine auf den Weg nach Carrion. Nachdem ich die Abzweigung zur Alternativroute (soll angenehmer sein)  über Villalcazar verpaßt hatte, durfte ich mir ca. 15 km " Pilgerautobahn" gönnen. Immer an der Strasse entlang, immer gerade aus, relativ flach! Oh, mann, das geht einem aufs Gemüt. Aber was hilfts. In Villalcazar treffen sich beide Wege wieder, durch den Ort durch, und wieder geht es an der Strasse entlang. So kommt man endlich irgend wann nach Carrion. Gegen 11:30 Uhr gönnte ich mir in einer Bar ein Cola und da es noch recht bald am Tag war, entschloß ich mich, weiter zu gehen. Bis jetzt hatte ich ca. 20 km geschafft      (nicht schlecht in 4,5 Std.). Das Problem war, dass es nach Calzadilla nochmals 18 km sein sollten. Und das hies: Meseta pur! Aber wird schon irgend wie gehn. Also machte ich mich auf den Weg. Seither waren Autos am heutigen Tag die ständigen Begleiter, aber dies änderte sich                                                                             
r
Immer gerade aus
recht schnell, als ich Carrion verlies. Ca. 2 km auf einer Schotterpiste, gesäumt von Pappeln, ging es dann weiter. Danach kommt man auf die alte gepflasterte Römerstrasse Via Aquitana. Immer gerade aus.  Dort machte ich nochmals Rast, aß eine Kleingkeit, und machte mich an das letzte Stück des heutigen Weges.  Es zog sich, immer weiter gerade aus, immer weiter. Man sah kein Ende des Weges, es ging immer weiter. Hatte ich mich sonst beschwert, dass es hier auf dem Jakobsweg gar nicht so warm war, wie ich erwartet hatte, war ich heute froh, dass es nicht ganz so heiß war. Es war schon gut warm, aber es ging, Aber ich dachte an die Pilger, die dieses Teilstück im
Und immer noch geht´s weiter
Juli oder August gehen. Ich empfand es heut schon als hart, aber was sollten die dann sagen. Auf der einen Seite war ich traurig, dass ich heute keine Begleitung hatte, aber auf der anderen Seite auch wieder froh, dass ich dieses Stück allein ging. Hier denkt man viel nach, sinniert, betet und kommt auf manche Gedanken, die einen ändern und prägen. Zumindest war das bei mir so. Ich denke heut noch oft gerade an dieses Stück des Jakobsweges zurück und bin eigentlich froh, dieses Stück allein gegangen zu sein. Trotzdem war auch ich froh, so 3 km vor dem Tagesziel, auf Marco, einen Italiener, zu treffen.  Ok, er sprach nur italienisch, aber man brauchte keine Worte um sich zu verstehen. Man sah es einem an, dass jeder froh war, wenn endlich Calzadilla erreicht war. Und auch wir schafften es und waren so gegen 16:00 Uhr da. Gleich am Ortseingang liegt die Herberge Munizipal und dort bekamen wir noch ein Bett. Es ist eine etwas größere Herberge mit großen Schlafsäälen, aber sehr sauber. Nach dem Duschen, und Kleiderhandwäsche, schlief ich erstmal eine Runde. Gegen 18:30 Uhr machten wir uns auf den Weg in das einzige Restaurant des Ortes (soviel ich weiß), hatten das Glück, noch im Speisesaal einen Platz zu bekommen und nahmen dort das Pilgermenue am Tisch mit der Brasilianerin Heidi und einem Koreaner, ein. Anschließend tranken Marco und ich an der Bar noch ein Bier. Und siehe da. In der Gaststätte saßen Simon und Jim, meine
Entspannung am Abend
2 Amerikaner von gestern und Teen. Wir gesellten uns zu ihnen und es wurde ein netter Abend. Teen mußte wieder ihre heilenden Hände bei manchem Pilger einsetzen und auch ich bat sie meine schmerzenden Schienbeine unter die Lupe zu nehmen. Sie fuhr, nicht berührend, mit ihren Händen die Schienbeine bis zu den Füßen hinab, Augen geschlossen. Komischerweise meinte ich, dass meine Beine plötzlich heiß würden. Vermutlich nur Einbildung, aber wer weiß. Teen macht Reiki, Lebensenergie zum fließen bringen. Und es fühlte sich so an, als ob etwas fließt. Plötzlich öffnete sie ihre geschlossenen Augen, sagte mir, dass ich keine Probleme bekommen würde und ich ein "very tough guy" wäre. Hey, gleich ging es mir besser! Das ein oder andere Bierchen wurde getrunken, Sepp, Romy und Frank waren auch da, und da unser Hospitalero auch erschien, war es Marco und mir sogar möglich, die erste Halbzeit des Fußballspiels Juve gegen Real an zu schauen. Eigentlich machte die Herberge um 21:00 Uhr ihre Porten dicht, aber ausnahmsweise mußten wir erst gegen 22.00 Uhr da sein. So ging ein langer, anstrengender, aber doch sehr schöner Tag zu Ende.


Fazit: sehr langes, anstrengendes Teilstück, zermürbend und doch stärkend.
Es ist vielleicht die intensivste Etappe des Jakobsweges, aber sie gibt einem auch viel. Wenn man diesen Teil des Jakobsweges alleine geht, zehrt es an einem, aber man kommt gestärkt daraus hervor.

Tipp: Die Herberge Munizipal am Ortseingang ist sauber, etwas groß. Sonst gibt es zu dieser Etappe wenig Tipps. DURCHHALTEN, das ist das Wichtigste!

3 Kommentare:

  1. Hallo,
    meintest Du wirklich "very tough GAY"? ("sehr zäher Schwuler"), oder vielleicht doch eher GUY (Typ, Kerl)? :-)
    Lese gerade zum ersten Mal hier dein Pilgertagebuch und es gefällt mir außerordentlich gut! Aber an dieser Stelle musste ich doch schmunzeln.
    So, muss weiter lesen.
    Gruß!

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    1. Hallo,
      ich mußte auch schmunzeln bei deinem Kommentar :-)
      Aber Fehler passieren nun mal. Es war "Kerl" gemeint. Hoff ich doch!!!!Danke für deinen Hinweis!
      Viel Spaß noch beim Lesen. Freut mich, dass der Bericht dir gefällt. Die restlichen Tage werden demnächst geschrieben.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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