Tag 25

Datum: Freitag, 15. Mai 2015
Strecke:  von La Faba nach Triacastela
Distanz: 26 km
Gehzeit: 07:00 bis 13:30 Uhr
Wetter: bewölkt, nebelig, kalt, 5-10 Grad
Allgemein:steiler Anstieg nach O Cebreiro


Um 6:30 Uhr bin ich auf gestanden. An Schlaf war ohne hin nicht mehr zu denken. Heute wurde es wieder einmal deutlich, welche Nachteile ein großer Schlafsaal hat. Steht der erste Pilger auf, stehen sofort weitere auch auf. Durch die allgemeine Unruhe werden die Andern dann auch wach. Und plötzlich wuselt  es nur noch so. Also stand ich halt auch auf. Micha hatte es heute eilig. Ich sagte ihm, dass wir doch Zeit hätten, aber nein. Er wollte los. Jetzt sah ich, dass Irene und Nadja schon Abmarsch bereit waren und vermutlich wollte er mit den Zweien los. Ich sagte, dass ich noch frühstücken wollte, und so zog er mit den zwei Südtirolerinnen davon. War mir auch egal. Kleine Katzenwäsche (bei einem Bad und so vielen Pilgern, kein Wunder) , dann noch ein paar Kekse und einen Kaffee und dann brach ich auch auf.
Der Himmel war bewölkt und es war auch noch recht frisch. Man verläßt das Dorf nach ca. 200m und es geht gleich Berg auf. Nach 2,5 km erreicht man Laguna de Castilla. Dort holte ich Micha und die zwei Frauen ein, die dort anhielten. Ich nickte ihnen kurz zu, überholte sie und setzte meinen Weg alleine fort. Irgendwie wollte ich heute keinen Kontakt zu den Dreien. Ich weiß nicht warum, es war nichts vorgefallen, aber heute wollte ich meine Ruhe. 
Weiter ging es steil hoch. Um mich herum nichts als Nebel, der sich feucht auf mich niederließ. Die Kleider klamm, die Haare triefend naß, so kam ich ca. 1,3km später an den Grenzstein, der anzeigt, dass man Galicien und zwar die Provinz Lugo, erreicht hat. Nach einem weiteren Kilometer in vollkommenem Nebel erreichte ich O Cebreiro auf 1300m. O Cebreiro ist ein Dorf, gebaut im alten keltischen Baustil. Jetzt im Nebel lag etwas mystisches über dem Ort. Richtig schön sah es aus. Hier könnte man gut einen alten Edgar Wallace Film gedreht haben. Graue Steinhäuser, englischer Nebel. Es fehlte zum Glück nur der Mörder! 
In O Cebreiro befand sich eines der wichtigsten Pilgerhospitäler. Neben der Kirche steht ein Denkmal
O Cebreiro
von Don Elias Valina Sampedro, der als Erfinder des gelben Pfeiles zur Markierung des Caminos, gilt. In der Ortskirche wir der Heilige Kelch von Galicien aufbewahrt. 
Ich verlasse O Cebreiro und bin bald darauf auf der Passhöhe von San Roque (1270m). Von hier führt mich ein Weg parallel der Strasse nach Hospital da Condesa, wo ich endlich frühstücke. Dort treffe ich auch Lore und Bernd aus Mianz wieder. Mit ihnen laufe ich ein Stück weiter. 
So kommen wir, nachdem es nochmal steil nach oben ging, auf dem Alto do Polo, dem höchsten Punkt des galicischen Jakobsweges mit 1337m an. 
Ab jetzt sieht man immer mehr "Tagespilger". Erkennbar an einem sehr kleinen Rucksack und sauberen Klamotten. Sie werden immer ein wenig belächelt von uns "richtigen" Pilgern. Nichts gegen diese Leute, aber wenn man dann die Gespräche hört: Ach, sind wir schon weit gegangen! (gestern gestartet), Pass auf, dass die Schuhe nicht so schmutzig werden, usw, usw. Da kann man dan halt nicht anders, als vor sich hin schmunzeln. Manche meiner Mitstreiter regten sich auch immer wieder über diese "Touregrinos" auf. Aber mir war das egal, ob die nach 5km wieder in ihren wartenden Bus einstiegen und zu ihrem Hotel fuhren. Jeder geht den Weg wie er will oder kann! Keiner muss sich vor mir rechtfertigen. Nur dann später erzählen, man wäre den Jakobsweg "gepilgert". Das ist dann schon etwas weit her geholt. 
Weiter ging es 13km nach Fonfria, jetzt endlich wieder Mal etwas Berg ab. Der Nebel hatte sich auch etwas zurück gezogen, aber der Himmel blieb bewölkt. Wieder eine kleine Pause, und schon ging es weiter Richtiung Filloval. Nachdem ich mich mit einer Tortilla gestärkt hatte, nahm ich das letzte Stück der heutigen Etappe in Angriff. Wieder ging es durch ein paar kleinere Dörfchen und dann passierte es mir doch auch tatsächlich: Ein Hundeangriff! Gelesen hatte ich im Vorfeld ja einige Schauermärchen von solchen Angriffen. Aber jetzt... Ich lief an einem Stall vorbei, ein größerer Hund kam bellend auf mich zu. Das war ja schon öfters passiert. Jedoch stellte er sich mir richtig in den Weg. Ich blieb kurz stehen. Da hörte ich ein Bellen hinter mir. Zwei kleine Hunde kamen von hinten. Äääh, und jetzt? Plötzlich hing einer der kleineren Hunde an meinem Hosenbein. Ich wirbelte mit meinem Pilgerstab herum, traf ihn und mit Gejaule trollte er sich, Ich lief an dem größeren Hund vorbei, der bellte zum Glück nur. Die zwei kleineren folgten mir noch ein Stück, aber irgend wann blieben sie zurück und ich hörte nur noch ihr Bellen. Sonst sind immer Pilger unterwegs, aber in diesem Moment, war weit und breit keiner zu sehen. Gut, es ging ja alles glimpflich aus, aber irgend wie hatte ich den Eindruck, ich war in einen Hinterhalt von diesen drei Hunden geraten. Im Nach hinein dachte ich, das war so geplant von denen. Na ja. Vielleicht etwas weit her geholt, aber weiß man es. Zum Glück blieb das, dass einzige Mal, dass mir so etwas passierte.
Kurz vor meinem Etappenziel kam ich noch durch ein Dorf mit einem uralten Baum durch. Auch er ist so ein Zeichen auf dem Camino. Jeder kennt ihn. Schade, dass ich nicht mehr weiß, wie das Dorf heißt, in dem er steht.
So kam ich wohl behalten gegen halb Zwei in Triacastela an und bekam in der Albergue a Horta de Abel ein Bett. Wie schon öfters war ich der Erste in diesem Neun Mann Zimmer. Ich weiß gar nicht. So schnell war ich doch gar nicht unterwegs. Komisch, dass ich immer wieder Mal der Erste war. Vielleicht liefen die Anderen aber auch weiter als ich. Aber was solls? So konnte ich mir ein Bett aussuchen. Leider entschied ich mich falsch, wie sich am Abend noch heraus stellen sollte.
Ausgiebig geduscht, Wäsche gewaschen, Tagebuch geschrieben und ab ins Städtchen Vorräte einkaufen für den nächsten Tag. 
Dann besichtigte ich mal wieder die Ortskirche und den Friedhof, um kurz darauf im Restarante Rio mein erstes Cerveza zu genießen. In Triacastela gibt es eine Strasse in der die meisten Bars sind. So trifft man immer wieder Pilger, mit denen man sich kurz unterhält. Zu mir gesellten sich etwas später, die "alten" Deutschen. Wir tranken zusammen und unterhielten uns, als sich eine ältere Dame
unserem Tisch näherte. Sie hatte gehört, dass wir deutsch sprachen, und so sprach sie uns an und erzählte uns von ihrem Leben. Sie kam ursprünglich aus Österreich, lebt jetzt aber im Amerika. Seit Jahren kam sie immer mit ihrem Mann nach Spanien und sie liefen ein Stück auf dem Jakobsweg. Leider starb ihr Mann vor ein paar Jahren, aber sie kommt weiterhin jedes Jahr hier her und hofft irgend wann einmal in Santiago an zu kommen. Von Triacastela nach Santiago sind es ca. noch 140km. Ich würde es ihr sooooo gönnen. Jedoch gibt es da ein kleines Problem. Erika, so hieß die ältere Dame, ist nämlich schon 86 Jahre alt. Ja, wirklich! 86! Und pilgert jedes Jahr ein Stück. Also Erika: Du hast meinen größten Respekt! Buen Camino, Erika!
Auch Micha und die Südtirolerinnen waren an gekommen, saßen aber in einer anderen Bar. Micha meinte, ich solle zu ihnen kommen. Die drei konnten die "alten" irgendwie nicht leiden. Aber mir gefiel es bei ihnen. So blieb ich bei den "alten", was Micha wiederum nicht verstand. Irene verstand mich, und nach einem kurzen Gespräch wünschte sie mir einem netten Abend. Irene und ich waren auf einer Wellenlänge. Wir brauchten nicht viele Worte, um uns zu verstehen. Und das war schön, 
Nachdem noch mehr Bekannte vorbei kamen, auch Babs, Jesse und viele mehr, ging ich mit den "alten" zum Essen ins Restaurant hinein. Es wurde viel gelacht, noch mehr Vino getrunken und zum Essen gab es leckeren Lachs. So wurde es ein toller Abend. Gegen 21:00 Uhr machte ich mch auf den Weg zu meiner Unterkunft. Dort an gekommen, hatte sich das Zimmer gefüllt, alle Betten waren belegt. Ich hatte mir ja das Bett am Fenster aus gesucht. Jedoch wurde unter diesem Fenster mit einem stinkenden Presslufthammer noch  gearbeitet. So wurde mir plötzlich recht übel. Irgendwann stand ich auf, machte das Fenster zu (was nicht allen gefiel), und konnte dann endlich einschlafen.

Fazit: schöner Wegabschnitt, sich mehr Zeit lassen, das Genießen nicht vergessen!

Tipp: O Cebreiro unbedingt genau anschauen ( würde heute länger dort verweilen), in Triacastela in der Restaurantstrasse sitzen und Pilger beobachten, Gespräche führen (wenn nicht hier, wo sonst).


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